Alternative zur Apple Watch? Die „Fitness-Superwatch“ Fitbit Surge

Written by on 18. Mai 2015 in Allgemein with 0 Comments

Ich habe einige Wochen lang die Fitness-Uhr Fitbit Surge getestet. Ist sie für Self-Tracker interessant, vielleicht sogar eine Alternative zur vieldiskutierten Apple Watch (zu der es hier bald  einen eigenen Artikel gibt)?

 

Design & Tragekomfort

Das abgeschrägte Display ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, im Einsatz aber gar nicht so unpraktisch. Insgesamt trägt die Uhr mitsamt dem breiten Armband aber doch ganz schön auf. Das Armband ist fest mit dem Gehäuse verbunden, man kann es also auch nicht wechseln. Und im Vergleich zur Apple Watch, machen wir uns nichts vor, mutet die Fitbit Surge optisch einfach noch wie alle bisherigen Smartwatches an: alt.

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Bedienung

Die Uhr verfügt über einen Touchscreen, der manchmal etwas träge – oder gar nicht – reagiert und drei Knöpfe. Synchronisiert wird die Uhr über Bluetooth, entweder via mitgeliefertem USB-Dongle mit dem Rechner oder direkt mit der Fitbit-App auf dem Smartphone. Letzteres klappte bei mir immer sehr schnell und zuverlässig, was meiner Erfahrung nach bei Bluetooth-Geräten keineswegs selbstverständlich ist.

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Funktionen

Die Fitbit Surge misst zurückgelegte Schritte, Distanz, Treppenstufen und Kalorien. Dazu wird permanent der Puls erfasst, beim Sport wird GPS-Tracking aktiviert. Schlaftracking ist ebenfalls möglich, ebenso wie ein „stiller Wecker“ (durch Vibration am Handgelenk) und das Anzeigen von SMS und Anrufen, die auf dem gekoppelten Smartphone eingehen sowie die Musiksteuerung während des Trainings.

 

Sport-Tracking

Zweifellos die stärkste Disziplin der Uhr, denn hier hebt sie sich deutlich von den kleineren Modellen von Fitbit ab, wie beispielsweise dem von mir bisher sehr geschätzten Fitbit One. Man hat die Wahl zwischen Joggen, Wandern, Gewichttraining, Ellipsentrainer, Spinning oder Yoga. Das seltsamerweise zunächst fehlende Fahrradtracking wurde laut Fitbit-Blog zwar Mitte April 2015 hinzugefügt, auf meinem Device ist das dafür erforderliche Firmware-Update allerdings noch nicht installierbar.

Bei Indoor-Aktivitäten wird die Aktivität und der Kalorienverbrauch ausschließlich über den Puls berechnet, beim Joggen oder Wandern wird das GPS-Modul aktiviert und die Strecke ziemlich exakt verfolgt. Die Aktivierung bzw. Ortung des GPS geht relativ schnell und erfordert (im Gegensatz zur ansonsten von mir verwendeten Sportuhr TomTom Runner) keinen umständlichen vorherigen Download von aktuellen Satellitendaten. Falls es mit der GPS-Aktivierung doch mal zu lange dauert, kann man mittels „Quick Start“ auch trotzdem schon mal mit dem Tracking beginnen. Gefällt mir gut. Besonders angenehm ist natürlich, dass durch den eingebauten Pulssensor das Tragen eines Brustgurts entfällt. Mein Gurt hat mir bei häufigerem Training gerade im Sommer schon das ein oder andere Mal unschöne Schrammen und Scheuerstellen bereitet. Schön, dass das vorbei ist. Manche Tester bemängeln, dass die Pulsmessung weniger genau sei als mit einem Brustgurt. Das konnte ich nicht bestätigen. Eventuell können ungenaue Werte daran liegen, dass die Uhr nicht fest genug saß, denn wenn das Armband zu locker ist und sie sich beim Joggen zu sehr hin und her bewegt, sorgt das tatsächlich für falsche (in der Regel zu hohe) Ergebnisse.

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Unklarheiten scheint es beim Thema Höhenmeter zu geben. Auf Amazon beklagt zum Beispiel jemand, die Uhr würde statt Höhenmeter lediglich die unpräzisere Einheit „Stockwerke“ messen. Das stimmt nur teilweise. Im Dauergebrauch misst die Uhr tatsächlich zurückgelegte Höhenunterschiede nur in der etwas leichter vorstellbaren „Laieneinheit“ Stockwerke. Aktiviert man jedoch ein Lauftraining, sind anschließend in der Auswertung neben der GPS-Route, dem Pulsverkauf und so weiter, auch die zurückgelegten Höhenmeter detailliert abrufbar.

Die Laufdaten können am Ende des Trainings als TCX-Datei exportiert werden, was mir gut gefällt, das ich sie damit unkompliziert bei Runtastic und NikePlus importieren kann, wo ich länger zurückreichende Daten habe als bei Fitbit. (Für Nikeplus nutze ich dafür übrigens dieses extrem hilfreiche Tool.)

 

Tracking im Alltag

Hier ist natürlich vor allem die permanente Pulsmessung interessant. Ein niedriger Ruhepuls als Indikator für Fitness und Gesundheit dürfte bekannt sein – ich fand es zudem aufschlussreich, dass ich beobachten konnte, dass sich mein Ruhepuls während einiger Tage, in denen ich beruflich überdurchschnittlich gestresst und angespannt war, deutlich erhöht hatte. Wie so oft im Bereich Self-Tracking kann man nun debattieren, ob man ein Gerät braucht, um zu erkennen, wenn man gestresst ist (oder schlecht geschlafen hat, sich zu wenig bewegt, etc.). Ich finde es jedenfalls interessant, solche Dinge zu beobachten und die eigene Wahrnehmung mit der „objektiven“ Messung zu vergleichen. Wissenschaftlich ist es sicherlich nicht.

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Auch den Tagesverlauf seiner Pulswerte kann man sich ansehen, wobei ich hier eine Weile gebraucht habe, um die detaillierteste Ansicht zu finden. In der App kann man nämlich nur einen relativ groben Tagesüberblick sehen. Nur im Web-Dashboard ist eine Ansicht in 5-Minuten-Intervallen verfügbar, hierzu muss man aber in der „Kachel“ Aktivität die angezeigte Einheit von Schritten auf Herzfrequenz umstellen (siehe Screenshots).

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Die verschiedenen Herzfrequenzzonen (Fettverbrennung, Kardio, etc.) sind individuell anpassbar, zudem kann eine komplett eigene Zone definiert werden. Die Messung läuft (ähnlich wie bei der Apple Watch übrigens) über einen optischen Sensor auf der Unterseite des Uhrengehäuses. Dieser misst, vereinfacht gesagt, die minimale Verfärbung der darunter liegenden Haut in dem Augenblick, in dem das Blut durch die Adern zirkuliert.

 

Schlaftracking

Ich bin generell ein wenig skeptisch, was das Tracking von Schlafphasen ausschließlich über Bewegungssensoren betrifft. Da vermisse ich leider immer noch einen Nachfolger zum guten als ZEO-Stirnband. Na ja, vermissen ist da natürlich auch ein großes Wort für so ein unattraktives Gerät. Trotzdem wäre ein Nachfolger schön.

Wirkliches Aufwachen bzw. nächtliches Aufstehen wird von der Fitbit Surge jedenfalls zuverlässig erkannt, mit Angaben wie „17 Minuten ruhelos (10x)“ kann oder will ich dagegen wenig anfangen. Vielen reicht es ja aber auch schon, einen generellen Überblick zu bekommen, wie viel oder wenig sie in bestimmten Zeiträumen schlafe. Oder sie lassen sich von der Messung zu regelmäßigeren und damit gesünderen Zubettgehzeiten motivieren. Angenehm: Man muss das Schlaftracking nicht aktivieren, die Uhr erkennt automatisch, wann man zu Bett geht und das sehr zuverlässig/korrekt. Mehrere Schlafintervalle in einer Nacht werden übrigens erkannt, der Mittagsschlaf – und damit meine Spezialdisziplin – leider nicht.

Positiv ist hierbei zu vermerken, dass der Akku wirklich lange hält. Gerade beim Schlaftracking ist es ärgerlich, wenn jede zweite oder dritte Nacht der Akku schlappmacht. Fitbit verspricht eine Akkulaufzeit von bis zu sieben Tagen, die ich während meiner Testwochen locker erreicht, gefühlsmäßig sogar übertroffen habe. Geladen wird die Uhr über ein USB-Kabel mit proprietärem Anschluss auf der Uhrrückseite.

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Fazit

Für Self-Tracker die zusätzlich zumindest auch noch Gelegenheitssportler sind, ist die Fitbit Surge sicherlich empfehlenswert. Denn sie verbindet die „klassischen“ Alltagsmetriken wie Schritte, Treppenstockwerke, Schlaf etc. mit einem soliden GPS-Tracker. Besonders interessant ist zudem zweifellos die permanente Pulsmessung (im Alltagseinsatz in 5-Sekunden-, beim Sport in 1-Sekunden-Intervallen). Wer jedoch nur mal ins Selftracking reinschnuppern will und nur selten Sport treibt, für den ist das Spitzenmodell Surge tendenziell zu teuer. In diesem Fall ist vielleicht das deutlich schmalere und nur halb so teure Armband Fitbit Charge HR (ebenfalls mit Pulsmessung) oder der Klassiker Fitbit One die bessere Wahl.

 

Fitbit Surge bestellen

 

Vorteile

  • Permanente Pulsmessung
  • Gute Akkulaufzeit
  • GPS-Tracking beim Sport ohne Brustgurt

 

Nachteile

  • Nicht wasserdicht
  • Etwas klobig
  • Schlaftracking nur über Bewegungssensoren

 

Fitbit Surge ist in drei Farben (schwarz, blau und orangerot – allerdings nur bezogen auf das Armband) und zwei unterschiedlichen Armbandlängen erhältlich.

Die unverbindliche Preisempfehlung liegt bei 249 Euro, bei Amazon ist die Fitbit Surge derzeit allerdings für 299 Euro erhältlich (Affiliate-Link).

 

Fotos: Christoph Koch (4); Fitbit (3)

Offenlegung: Fitbit hat mir freundlicherweise ein Testgerät der Fitbit Surge für einen gegrenzten Zeitraum kostenlos zum Testen zur Verfügung gestellt. Links zu Amazon sind sogenannte Affiliate-Links. Wenn jemand darüber einen Einkauf tätigt, bekomme ich eine kleine Provision – natürlich ohne dass das Produkt für den Käufer dadurch teurer wird. 

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About the Author

About the Author: Christoph Koch ist Journalist (NEON, brand eins, GQ, SZ- und ZEIT-Magazin, Tagesspiegel, etc.), Autor ("Ich bin dann mal offline" & "sternhagelglücklich" & "Chromosom XY ungelöst") und Vortragsredner. Gerade ist sein eBook "Die Vermessung meiner Welt - Bekenntnisse eines Self-Trackers" zum Thema Quantified Self erschienen .

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