Einige interessante QS-Artikel aus den letzten Wochen:
Gnothi seauton
Michael Reuter greift im Datarella-Blog unter dem Titel „ Gnothi seauton – Quantified Self als Instrument zur Selbsterkenntnis“ noch mal die Versicherungs-Diskussion vom Letzten Monat auf und macht sich Gedanken über die moralische Neutralität von Technologie:
Jede neue Technologie kann zunächst als Errungenschaft einer Population auf dem Stand ihrer Zeit angesehen werden. Sie kann naturgemäß zum ihr wahrscheinlich ursprünglich zugedachten Zweck verwendet werden und sie kann gleichermaßen missbraucht werden. Mobiltelefone können Leben retten, über Mobiltelefone werden Terroraktionen geplant. Sensortasten können Leben retten, Sensordaten können im Sinne des Datenschutzes missbraucht werden. Der potenzielle Missbrauch einer Technologie allein ist kein hinreichender Grund für ihre Verdammung – ganz abgesehen davon, dass eine Verhinderung einer Technologie in keinem bisher bekannten Fall erfolgreich gewesen wäre.
Offenheit rächt sich später
Die Verbraucherzentralen warnen dagegen nach wie vor davor, seine Gesundheitsdaten in fremde Hände zu geben. Das könne sich bei Krankheit und im Alter rächen:
Eine solche Rundum-Überwachung „mag vermeintlich attraktiv wie ein Wurm an der Angel daherkommen, wenn ich jung, gesund, fit und fidel bin“. Aber man wisse leider auch aus anderen Versicherungstarifen, dass dies selten bis zum Ende des Lebens so sei. „Und insofern können wir nur eindeutig davor warnen“, sagte Klaus Müller, Chef des Verbraucherzentralen-Bundesverbands (vzbv).
Wie QS-Apps Frauen ausschließen
Einem ganz anderen Thema als der bekannten Datenschutz-Debatte widmet sich Rose Eleveth in einem Beitrag im Atlantic. In ihrem Text „How Self-Tracking Apps Exclude Women“ fragt sie sich, warum beispielsweise Apple Health es nicht erlaubt, den weiblichen Zyklus zu tracken, obwohl es verspricht „alle Metriken zu verfolgen, die Sie wirklich interessieren“. Oder warum man so vielen Fertilitätstrackern anmerkt, dass sie von Männern programmiert wurden:
„Sie konzentrieren sich auf die Stimmung (denn Männer wollen wissen, wann ihre Freundin schlechte Laune hat) und behandeln Schwangerschaft wie ein Level in einem Videospiel. ,Es fühlt sich an, als würde dir die App wie ein altkluger Kerl deinen eigenen Körper erklären’.“
(Leider habe ich keine elegantere Übersetzung für den tollen Satz: „It feels like the product is mansplaining your own body to you“ gefunden. Bin für Vorschläge offen.)
Interview mit QS-„Erfinder“ Gary Wolf
Florian Schumacher hat für das QSDeutschland-Blog ein kurzes Interview mit Gary Wolf geführt. Wolf gilt neben Kevin Kelly als Begründer der QS-Bewegung, veranstaltet die jährlichen internationalen Konferenzen in San Francisco und Amsterdam und arbeitet gerade an einem umfassenden Buch zu Quantified Self.
Was sind für Dich persönlich die größten Probleme rund im die Nutzung persönlicher Daten und wie könnten sie gelöst werden?
Das größte Problem für mich ist, das die Anbieter und Administratoren von Self-Trecking Tools den persönlichen Wert der Daten oft nicht ernst nehmen. Sie sehen Daten als ein Mittel zur Kontrolle und Effektivitätssteigerung, nicht aber als Medium zur Selbst-Erkenntnis, Selbstbehandlung und Selbstentfaltung. Zum Beispiel erlauben noch immer viele Self-Tracking Tools ihren Nutzern nicht, auf ihre eigenen Daten zuzugreifen. Ein einfaches Commitment zum Datenexport zur persönlichen Nutzung wäre ein großer, sehr positiver Schritt.
Der Schritt von Selbsterkenntnis zur Veränderung
Obwohl Wearables in der Lage sind, einen gesünderen Lebensstil zu fördern, könnte es sein, dass diese Lebensstil nicht allein von ihnen ausgelöst wird. Ein gesundheitlicher Nutzen hängt eher davon ab, mit welchen Strategien sie den Nutzer motivieren als von ihrer technologischen Ausstattung. Am Ende sind es diese Motivationsstrategien – meist Kombinationen aus individuellem Zuspruch, Wettbewerb, Kollaboration und Feedbackschleifen – die dafür sorgen, dass Menschen ihr Verhalten ändern.
Gesehen, gelesen
Und zu guter Letzt alle Bücher, Fernsehserien, Bücher und Theaterstücke, die Regisseur Steven Soderbergh 2014 konsumiert hat. Fein säuberlich nach Datum aufgelistet. Wer hätte gedacht, dass in dem Mann ein Self-Tracker steckt?