Die siebte „Show & Tell“-Runde der Berliner QS-Gruppe fand am Donnerstag, 24.7.2014, in den neuen Räumlichkeiten der Factory Berlin statt. War zwar alles noch ein wenig provisorisch, aber so ist das halt in diesem verrückten Start-Up-Berlin. Maximilian Gotzler, einer der Organisatoren der Berliner QS-Gruppe, begrüßte die rund 30-40 Gäste, von denen rund die Hälfte zum ersten Mal dabei war.
Der erste Vortrag, kam von Josh Berson, der bereits auf der europäischen QS-Konferenz in Amsterdam im Mai für viel Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Dort hatte Berson gefordert, die QS-Szene müsse soziale Verantwortung übernehmen, statt sich nur damit begnügen, selbstzufrieden den eigenen Bauchnabel zu analysieren. Sein Vortrag war damals sowohl mit viel Zustimmung als auch mit viel Kritik aufgenommen worden – er war in jedem Fall einer der erinnerungswürdigeren Talks auf der Konferenz.
Am Donnerstag in Berlin ging es Josh mehr um die soziale Komponente von Träumen, einer wie er sagte zu Unrecht dem Individuum zugeschriebenen Tätigkeit. Als ein interessantes Beispiel für die Auswirkung von kollektiven Träumen führte Josh das Volk der Kantu in Borneo an, die vom Reisanbau lebten. Als der Anbau von Pfeffer und Kautschuk größere Exportgewinne versprach, hatten viele Kantu denselben Traum: Einen Traum, in dem der Reis verschwunden war und sich erst viel später verschimmelt in einer Kautschukpflanze versteckt wiederfand. Das Volk verstand diesen Traum als (sich später als berechtigt herausstellende) Warnung, die lebenswichtige Reisproduktion nicht zugunsten von schnellen Kautschukerlösen zu vernachlässigen.
Im zweiten Vortrag des Abends berichtete Ela, alias S.E. Sever, von ihren Schlafproblemen und wie sie diese durch Tracking in den Griff bekommen hatte. Ein sehr interessanter Vortrag, der die geschichtliche Entwicklung und die Basics der Schlafforschung (Schlafphasen etc.) ebenso gut erklärte, wie ihre Trackingmethoden und Schlussfolgerungen. Elas Anpassungen ihres Lebensstils sind relativ radikal und sicherlich nicht für jeden leicht umsetzbar – aber vor allem geht es bei Quantified Self ja darum, herauszufinden, was für einen individuell funktioniert und was nicht.
Erwähnenswert auch ihre Literaturtipps zum Thema Schlaf: „The Enchanted World of Sleep“ von Peretz Lavie, „Grain Brain“ von David Perlmutter und „Beyond Time“ von Michel Siffre. Die App „Twilight“, die abends den Smartphonescreen dimmt, um das spätere Einschlafen zu erleichtern, klang auch spannend, leider nur für Android verfügbar.
Der letzte Speaker des Abends war ein Gast aus Köln: Andreas Schreiber hat die dortige QS-Gruppe gegründet und berichtete in seinem sehr ausführlichen Vortrag über seine verschiedenen Self-Tracking-Experimente. Schreiber, der vor etwa fünf Jahren einen Schlaganfall erlitt, arbeitet am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und entwickelt als CEO von Medando eigene Tracking-Apps. Er trackt seine medizinischen Daten wie Blutdruck, Puls, etc. ebenso wie seinen Schlaf, die Bewegungen seines Autos und die Aktivitäten seines Hundes.
Einige Korrelationen, die er bisher dadurch gefunden hat, sind bereits bekannt (z.B. der Zusammenhang zwischen Gewicht und Blutdruck), andere erschienen mir wiederum sehr spannend: So fand Schreiber heraus, dass sich seine Schlafeffizienz nicht steigert, wenn er seine gesamte Schlafdauer verlängert und er erkannte, dass seine Knieprobleme, an denen er seit einiger Zeit leidet, stärker werden, wenn er unter einer gewissen Anzahl von Schritten pro Tag bleibt.
Der Abend endete mit Gesprächen der Teilnehmer untereinander und dem gemeinsamen Ausprobieren eines Reaktionstestgeräts, das Andreas Schreiber mitgebracht hatte und das er mit dem DLR entwickelt, um die Reaktionsfähigkeit und damit den Schlafbedarf von Langstreckenpiloten zu tracken. Ein schöner und lehrreicher Abend, vielen Dank an alle Beteiligten!