Gestern beim inzwischen sechsten „Show & Tell“ der Berliner QS-Gruppe, gab es wieder drei interessante Vorträge zu hören.
Den Anfang machte Remco Vrielink, der über Integrität sprach und erzählte, wie er sich täglich Dinge vornimmt und am Ende des Tages analysiert, wie viele er davon tatsächlich geschafft bzw. erledigt hat. Beides erfasst er in einem normalen Notizbuch, den Anteil der erfüllten „Commitments“ misst Remco in Prozent. Ein spannender Ansatz, denn allzu häufig ist die tägliche To-Do-Liste, die ja vermutlich beinahe jeder auf eine Art führt, etwas, bei dem man manche unliebsamen Aufgaben von einem Tag zum nächsten schiebt. Zumindest wird selten analysiert, was und wie viel man von seinen Vorsätzen erledigt und umsetzt – geschweige denn, womit dieser Faktor zusammenhängen könnte.
An manchen Stellen ging mir Remcos Vortrag zu sehr in eine Anthony-Robbins-Motivationsguru-Tschakka-Richtung, vor allem, als es um NLP und Remcos Tätigkeit als Coach bei Creative Consciousness ging, aber unterm Strich ein interessanter Ansatz im Bereich Productivity-Tracking.
Mit dem Bereich Produktivität beschäftigte sich auch Brian Fabian Crain, den ich zu diesem Thema ja auch in dem brand-eins-Artikel über QS porträtiert habe. Spannend fand ich vor allem Brians Gedanken über das Thema Anreize: Zu häufig messen wir bei Produktivität nur den Input, wie viel Zeit wir in etwas investieren – anstatt den Output zu messen, also was am Ende tatsächlich herauskommt, wie viel erledigt wurde. Das liegt u.a. daran, dass Input (i.d.R. Zeit) einfacher zu messen ist als Output (Menge vs Qualität, etc.).
Brian stellte drei verschiedene Ansätze vor, mit denen er bisher seine Produktivität gemessen hat:
1) Marc Andressens Methode: Jeden Abend auf eine Karteikarte 3-5 wichtige und große Dinge schreiben, die man am nächsten Tag erledigen will. Diese abarbeiten und auf der Rückseite der Karte vermerken, was man noch an Dingen erledigt hat, die nicht auf der Karte standen. Der Vorteil: Die Methode misst Output anstatt (wie beispielsweise RescueTime) nur Input in Form von verbrachter Zeit zu tracken.
2) Die Pomodoro-Technik: Arbeit in 25-Minuten-Blöcke unterteilen, an deren Ende man erfasst, woran und wie produktiv man gearbeitet hat. Hat den Nachteil, dass man Input (Zeitaufwand) statt Output (Ergebnis) misst – wobei sich das durch die qualititative Bewertung WIE produktiv man war, ein wenig relativiert.
3) Cal Newports Methode: Der Mathematiker erfasst nur die Zeit, die er an wirklich schwierigen Aufgaben (er nennt es „deep work“) arbeitet. Da kommen nur wenige Stunden pro Woche zusammen, dafür legt er sehr strenge Kriterien an, was als „deep work“ gilt. Das ganze Tagesgeschäft (Klausuren bewerten, Vorlesungen vorbereiten) erfasst er beispielsweise nicht. Brian nannte das Modell einen „interessanten Hybriden“, bleibt aber momentan bei der Pomodoro-Methode, die er inzwischen seit 17 Monaten benutzt.
Die Veranstaltung war gut besucht und auch das Medieninteresse am Thema scheint ungebrochen, diverse Journalisten waren anwesend, machten sich Notizen und führten anschließend Interviews, ebenso wie ein Kamerateam von RTL Extra, die einen größeren Beitrag über das Thema Self-Tracking planen.
Der dritte Vortrag des Abends kam vom Organisator Florian Schumacher selbst. „Tracking my life while celebrating it“, war der Titel und es war sicher der persönlichste Vortrag des Abends. Florian hat sich für 2014 vorgenommen, sein Leben in 12 Bereichen zu optimieren. Für das erste Quartal waren die Bereiche Ernährung, Sport und Produktivität dran.
Die Hacks, die Florian anwendet, waren interessant und reichen von einer gesunden aber bewusst sehr unaufwändigen Ernährung (morgens nur Kaffee mit Butter, also die Dave Asprey „Bulletproof“-Methode, mittags ein grüner Smoothie) bis zu einer zeitgesteuerten Lichtanlage in seinem Zimmer, die ihn automatisch zu einem Mittagsschlaf und zu regelmäßigen Bettzeiten konditioniert.
Spannend fand ich hier vor allem den Ansatz, so viele Entscheidungen wie möglich zu automatisieren, zu vereinheitlichen und zu vereinfachen. Er müsse nicht mehr jeden Morgen überlegen, ob er genug Zeit habe, zum Sport zu gehen, es sei ein fixer Termin, ebenso wie der Mittagsschlaf oder andere Dinge. Stichwort Decision Fatigue, je weniger man jedes Mal wieder über gewisse Dinge nachdenken muss, umso besser die Chancen, sie dauerhaft durchzuziehen.
Insgesamt war es wieder ein sehr interessanter Abend. Nach den Vorträgen gab es noch ein paar gute Beiträge am Open Mike, ebenso wie spannende Gespräche untereinander. Ich freue mich schon auf die nächste „Show & Tell“-Veranstaltung. Zuerst aber geht es nach Amsterdam!